03.02.2024

Scharwache ist ihm seit fast 70 Jahren ans Herz gewachsen

Quelle: Andreas Röchter/Eschweiler Zeitung vom 31.01.2024: 

Die Uniform in den Farben Schwarz, Gelb und Blau zieht er nicht mehr an. „Ich habe abgenommen, sie passt nicht mehr“, lautet die einleuchtende Erklärung. Doch dies hält Dieter Sawall nicht davon ab, auch nach der Vollendung seines 90. Lebensjahres am 20. November weiterhin am bunten Treiben seiner „Mutter Scharwache“ teilzunehmen.
„Wo es geht, bin ich dabei. Im schwarzen Anzug und mit Mütze, die 68 Jahre alt ist und die ich mit Stolz trage“, betont er. Und wie sehr die Scharwächter ihren Ehrenkommandanten schätzen, stellten sie wenige Tage nach dem runden Jubiläum unter Beweis, als sie Sawall zu Hause abholten, ihn in einem Wagen, dessen Baujahr mit dem Geburtsjahr Dieter Sawalls übereinstimmte, durch die Indestadt chauffierte, um ihn schließlich im Haus Lersch hochleben zu lassen. Genau dort, wo auch der Samstagsstammtisch steht, den einst Hubi Theissen ins Leben rief und den auch Dieter Sawall dann und wann aufsucht(e). Eben dieser Hubi Theissen hatte einen großen Anteil daran, dass Dieter Sawall Mitte der 1950er Jahre den Weg in die Scharwache fand. Der damalige Geschäftsführer der Gesellschaft, der ein entfernter Verwandter von Dieter Sawall war, schickte sich an, in der Session 1954/55 das närrische Völkchen an der Inde als Prinz zu regieren und bat den damals gut 20-Jährigen, Teil seines Gefolges zu werden.
Ein Wunsch, den Dieter Sawall nicht erfüllen konnte, befand er sich doch gerade in der beruflichen Aus- beziehungsweise Fortbildung zum Kaufmann, die ihn häufig per Zug nach Ulm führte. „Dafür habe ich Hubi Theissen mein Versprechen gegeben, nach den bestandenen Prüfungen in die Scharwache einzutreten“, erinnert sich Sawall. Sowohl das Bestehen der Prüfungen als auch das Einhalten des Versprechens war Ehrensache. Und so stand standesgemäß am 11.11.1956 die Taufe auf den Scharwach-Namen „Töff“ an.
Schnell brachte sich Dieter Sawall im Vorstand der Gesellschaft ein: „Als Hubi Theissen Präsident wurde, stellte sich der Vorstand neu auf. Willi Vögeli folgte ihm als Geschäftsführer, ich wurde Kanzleiassistent.“ Ende der 70er Jahre übernahm der Fastelovendsjeck dann das Amt, das ihm wie kein anderes auf den Leib geschrieben war: Dieter Sawall wurde Kommandant der Scharwache. „Dieses Amt habe ich aus einem einzigen Grund übernommen. Ich habe das Ziel verfolgt, die Scharwache einheitlich einzukleiden“, unterstreicht er. Deshalb wurde er bei allen Korporalschaften vorstellig und richtete das „Uniformkonto“ ein. „Jeder Scharwächter zahlte auf dieses Konto 12 D-Mark pro Monat ein. Das Ergebnis war, dass im Jahr 1982 zum 100. Geburtstag der Scharwache und zur Regentschaft von Prinz Heinz II. Jansen mit Zeremonienmeister Heinrich Birfeld 182 Mann in neuen und einheitlichen Uniformen parat standen“, berichtet Dieter Sawal. Bis 1991 war er Kommandant, anschließend Präsident an der Spitze der Gesellschaft, bevor er das Zepter im Alter von 60 Jahren an Alfred Prothmann übergab. Damit zog er sich zwar aus der allerersten Vorstandsreihe zurückzog, doch leistete nach wie vor wichtige Arbeit im und für den Vorstand.
Doch nicht „nur“ als Vorständler, auch als Vortragender machte sich Dieter Sawall um seine Gesellschaft und den Eschweiler Karneval verdient. In den Rollen des Büttenredners, des Sängers (Scharwach-Septett) und des Tänzers deckte er praktisch die gesamte karnevalistische Bandbreite ab. „Eben alles, was den Karneval ausmacht“, erklärt der Ehrenkommandant lapidar.
Ein wenig trauert Dieter Sawall diesen Zeiten nach. Gerade im Hinblick auf die Entwicklung in Sachen Büttenrede. „Ehrlich gesagt, stehen mir zu viele Comedians auf der Karnevalsbühne. Wenn ich im Fernsehen Übertragungen von Sitzungen aus Franken oder Hessen schaue, dann sehe ich Büttenredner. Hier fehlen sie aber. Das bedauer’ ich“, macht er deutlich. Seine Gesellschaft sieht er indes im gerade begonnen 143. Jahr seit Gründung gut für die Zukunft aufgestellt.
Eine Zukunft, an der er teilhaben möchte. „Ich schaue, dass ich auf den Beinen bleibe“, lässt er wissen. Den Rosenmontagszug werde er sich natürlich ansehen, lange Abendveranstaltungen gingen inzwischen aber an die Substanz, räumt er ein. Dafür arbeitet Dieter Sawall an einem Buch über seinen karnevalistischen Werdegang. Viel Stoff ist definitiv vorhanden. Und wird auch und nicht zuletzt familiär fortgeschrieben. Während des Scharwach-Empfangs zum 90. Geburtstag freute sich der Jubilar, Urenkelin Marlie in Kinderuniform begrüßen zu können. Schließlich ist und bleibt ein Satz für Dieter Sawall Musik in den Ohren: „Nach dem Klaaf, dreimol Stipp-Stipp und Eischwiele Alaaf."